Hommage

Klaus Dudenhöfer

Klaus Dudenhöfer

1947, kurz vor Gründung der Bundesrepublik, schloß Klaus Dudenhöfer seine Assistenzjahre ab, und so begann eine bis heute währende außergewöhnliche Karriere, die das westdeutsche Nachkriegskino vom Schneideraum her nachdrücklich mitprägte. Im selben Jahr gründeten Walter Koppel und Gyula Trebitsch die Hamburger Produktionsfirma Real-Film und nahmen Klaus Dudenhöfer als Schnittmeister unter Vertrag. Innerhalb der nächsten 15 Jahre entwickelte sich das Unternehmen in der schnell wieder erblühenden westdeutschen Filmindustrie zur erfolgreichsten Produktionsstätte und feierte seinen Höhepunkt 1957 mit der Oscarnominierung von "Der Hauptmann von Köpenick" - inszeniert von Helmut Käutner und geschnitten von Klaus Dudenhöfer. Seit "Des Teufels General" von 1954 verbindet Dudenhöfer eine enge künstlerische Verbindung zu Helmut Käutner, dem neben Wolfgang Staudte wohl bedeutendsten Nachkriegsregisseur Westdeutschlands. Zwölf Filme schufen sie zusammen, darunter solch nachdrücklich wirkende Erfolge wie "Der Schinderhannes" und "Der Rest ist Schweigen".

Neben den Unterhaltungsfilmen vielbeschäftigter und an der Kinokasse äußerst erfolgreicher Regisseure wie Akos von Rathonyi, Hans Deppe oder Paul Verhoeven, verhalf in den 50ern seine Montage besonders den beiden noch heute legendären Dokumentarfilmen Bernhard Grzimeks ("Kein Platz für wilde Tiere" und "Serengeti darf nicht sterben") zu Ruhm und Erfolg: "Serengeti darf nicht sterben" gewann 1960 in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" den Oscar.

Ab den 60er Jahren, als das deutsche Kino zunehmend in die Krise geriet, verlagerte Klaus Dudenhöfer seinen Schwerpunkt zunehmend in den Bereich des noch jungen Fernsehens. Späten Kinokooperationen mit Wolfgang Staudte, Helmut Käutner und Bernhard Wicki folgten Arbeiten, die sich gegen den drohenden Zusammenbruch des deutschen Unterhaltungsfilms zu stemmen versuchten. So schnitt Dudenhöfer mit "Der Fluch der grünen Augen" einen der ersten deutschen Horrorfilme, er montierte Werner Jacobs' ersten "Lümmel"-Film und schnitt Fritz Umgelters Beitrag zur Jerry-Cotton-Reihe. In den späten 60ern bot das Fernsehen Dudenhöfer die Möglichkeit, drei Folgen der Krimiserie "Cliff Dexter" zu inszenieren, während er dort später für die Endfassungen solcher Gassenhauer wie "Diese Drombuschs" oder "Weltenbummler" verantwortlich zeichnete.

Seit den frühen 90ern hat der 1924 geborene Schnittmeister in Regisseur Christian Görlitz eine neue künstlerische Herausforderung gefunden. Gemeinsam gelangen ihnen einige der eindrücklichsten Fernsehfilme der letzten Dekade.

Seit 54 Jahren hat Klaus Dudenhöfer als Schnittmeister Dramaturgie und Rhythmus deutschen filmischen Erzählens beeinflußt, dabei das Auf und Ab der deutschen Filmproduktion der Nachkriegszeit miterlebt und zahllose Klassiker durch seinen Schnitt geprägt. Es ist Zeit für eine Würdigung.

Mit der fünf Filme umfassenden Hommage ehrt Film+ vom 23.11. - 25.11. Klaus Dudenhöfers künstlerisches Werk. Nach einer Sonntagsmatinée am 24.11. ab 11:00 Uhr mit "Des Teufels General" wird ihn Film+ zu einem Publikumsgespräch im Cinenova empfangen.

Moderation des Publikumsgesprächs: Heike-Melba Fendel

Filmprogramm

Das Haus in Montevideo
Samstag, 23.11.2002, 14:00 Uhr im Cinenova

BRD 1963. R: Helmut Käutner. B: Helmut Käutner, nach Curt Goetz. K: Günther Anders. S: Klaus Dudenhöfer. M: Franz Grothe. P: Hans Domnick Filmproduktion. D: Heinz Rühmann, Ruth Leuwerik, Paul Dahlke, Ilse Pagé, Michael Verhoeven u.a. 123 Min.

Für Professor Traugott Nägler (Heinz Rühmann) geht nichts über ein tugendhaftes Leben. Sein Motto lautet "Die Moral kennt keine Ferien", und mit Argusaugen wacht er über dessen Einhaltung durch seine vielköpfige Familie. Vor Jahren schon brach er deswegen mit seiner Schwester, weil sie ein uneheliches Kind erwartete. Sein moralischer Imperativ wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als ihn Pastor Riesling (Paul Dahlke) darüber in Kenntnis setzt, daß seine Schwester verstorben ist und Näglers ältester Tochter Atlanta (Ilse Pagé) ein Haus in Montevideo hinterlassen hat. Nach zäher Überzeugungsarbeit läßt sich der Professor darauf ein, zur Testamentseröffnung nach Montevideo zu reisen, wo sich die in Aussicht gestellte Immobilie als veritables Bordell erweist. Als wären Näglers Gewissenkonflikte daraufhin nicht schon quälend genug, erfährt er auch, daß noch zusätzlich 900 000 Mark zu erben sind. Doch die Sache hat einen grundsätzlichen Haken: Haus und Geld gibt es nur, wenn einer der Professoren-Töchter innerhalb einer bestimmte Frist dasselbe Schicksal widerfährt, aufgrund dessen die Schwester einst aus der Familie verbannt wurde.

Helmut Käutners aufwendige Verfilmung des gleichnamigen Bühnenstücks von Curt Goetz setzt ein Glanzlicht innerhalb der deutschen Nachkriegskomödie: amüsant und kurzweilig, aber nicht platt, voller hintergründiger Pointen und Gags. Dazu mit Heinz Rühmann in seiner Paraderolle des schrulligen Moralspießers.

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Programmübersicht

Der Schinderhannes

Samstag, 23.11.2002, 16:00 Uhr im Cinenova

BRD 1958. R: Helmut Käutner. B: Georg Hurdalek, nach Carl Zuckmayer. K: Heinz Pehlke. S: Klaus Dudenhöfer. M: Bernhard Eichhorn. P: Real-Film. D: Curd Jürgens, Maria Schell, Christian Wolff, Fritz Tillmann, Siegfried Lowitz, Til Kiwe u.a. 115 Min.

Der Hunsrück im Jahre 1802: Die Bauern stöhnen unter der Last des korrupten Adels und der nicht minder schikanösen napoleonischen Besatzer. Hannes Bückler (Curd Jürgens), der bärbeißige Räuberhauptmann mit dem Beinamen "Schinderhannes" tritt hierauf auf den Plan, den Unterdrückten zu ihrem Recht zu verhelfen. Mithilfe seiner Getreuen raubt er den französischen Okkupatoren die Silbermünzen, die diese zuvor den Bauern abgenommen haben, und führt sie ihren rechtmäßigen Besitzern wieder zu. Dabei lernt er Julchen (Maria Schell) kennen und beginnt mit ihr eine Liebesgeschichte. Als sich der Ring der Häscher nach der Vereinigung der französischen und deutschen Truppen immer enger um Schinderhannes zieht und sein Regiment fast zur Gänze zerschlagen wird, entschließt sich Julchen, inzwischen schwanger geworden, den Geliebten zu verlassen, um ihr Leben und das ihres Kindes zu retten. In seinem Versteck erfährt Schinderhannes von der Niederkunft Julchens und bricht sofort zu ihr auf. Zu spät merkt er, daß es sich um eine Falle handelt.

Mit "Der Schinderhannes" schuf Helmut Käutner ein opulentes Historiendrama um das Wirken des legendären Mittelgebirgs-Robin-Hood. Der Film scheint aus heutiger historischer Sicht ein Paradebeispiel für das klassische Star-Kino, das die Filmindustrie in Deutschland der 50er Jahre nach amerikanischem Vorbild zu schaffen verstand. Mit Maria Schell und Curd Jürgens spielten hier zwei der bedeutendsten Stars jener Zeit zusammen, die (nicht nur in Deutschland) ein großes Publikum anzogen. Die für Käutner fast sprichwörtliche und im Vergleich zum 50er-Jahre-Kintopp keineswegs selbstverständliche technische und handwerkliche Perfektion wird hier getragen vom kürzlich verstorbenen Kameramann Heinz Pehlke und vom Schnitt Klaus Dudenhöfers.

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Schwarzer Kies

Samstag, 23.11.2002, 22:00 Uhr im Cinenova

BRD 1960/61. R,B: Helmut Käutner. B: Walter Ulbrich. K: Heinz Pehlke. S: Klaus Dudenhöfer. P: Ufa. D: Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang Büttner, Anita Höfer u.a. 117 Min.

In der Nähe eines kleinen Hunsrück-Dorfes baut die US-Armee auf einer Militärbasis neue Pisten für ihre Düsenjäger. Robert Neidhardt (Helmut Wildt) ist LKW-Fahrer und transportiert Kies für den Ausbau. Nebenbei verschiebt er einen Teil des Materials an Unternehmen in der Umgebung - ein Schwarzmarkthandel, der nicht lange unentdeckt bleibt. Als Neidhardts ehemalige Lebensgefährtin Inge (Ingmar Gaines) Alarm schlägt, ist es schon fast zu spät. Auf der Flucht vor der Polizei übersieht Neidhardt ein Liebespaar und verletzt es tödlich. Inge sitzt mit im Fahrzeug - gegen ihren Willen Komplizin und Zeugin zugleich.

Mit "Schwarzer Kies" gelang Helmut Käutner ein bedrückendes wie klarsichtiges Nachkriegs-Psychogramm über die Unsicherheiten einer Gesellschaft, die mit einer neuen wirtschaftlichen und kulturellen Identität konfrontiert ist. Zum Politikum wurde der Film, als der Zentralrat der Juden in Deutschland Anzeige erstattete, weil ihm zufolge einem im Film auftretenden jüdischen Bordellbesitzer mit unwidersprochenem Antisemitismus begegnet wird.

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Serengeti darf nicht sterben

Montag, 25.11.2002, 10:00 Uhr im Cinenova

BRD 1959. R,B: Bernhard Grzimek. K: Michael Grzimek, Richard Graf. S: Klaus Dudenhöfer. M: Wolfgang Zeller. P: Okapi. 85 Min.

Ein leidenschaftlicher Appell für die Einrichtung und den Erhalt des Serengeti-Nationalparks. Zusammen mit seinem Sohn flog Bernhard Grzimek Ende der 50er Jahre mit einer einmotorigen Sportmaschine von Frankfurt/Main in dieses einzigartige afrikanische Bioreservat und brachte Bilder des faszinierten Staunens und des ökologischen Begreifens nach Hause zurück. Wissenschaftlicher Hintergrund der Dokumentation war es, das Wanderungsverhalten der riesigen Tierherden zu erforschen und herauszufinden, ob die zu jener Zeit neu gesteckten Parkgrenzen ihnen den nötigen Raum ließen. Mit einem damals revolutionären Injektionsgewehr wurden einzelne Tiere betäubt und darauf mit auffälligen Halsbändern markiert, um die jeweiligen Herden vom Flugzeug aus auseinanderhalten zu können. Das Ergebnis war zukunftsweisend: Tiere wie Gnus, Gazellen und Zebras suchten über Monate hinweg Weidegebiete außerhalb des Reservats auf und benötigten in existentieller Weise die Areale, die ihnen auf politisches Geheiß kurz vorher weggenommen worden waren - Serengeti darf nicht sterben!
Im Verlauf der teilweise dramatischen Dreharbeiten verunglückte Grzimeks Sohn tödlich und der Vater führte den gemeinsam begonnenen Film alleine zu Ende. Er sollte dafür belohnt werden: "Serengeti darf nicht sterben", der Archetyp der modernen Tierdokumentation, gewann 1960 den Oscar für den besten Dokumentarfilm, in dieser Kategorie immerhin als erste deutsche Produktion.

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Des Teufels General

Sonntag, 24.11.2002, 11:00 Uhr im Cinenova

Des Teufels General, (c) KirchGruppe

Curd Jürgens in "Des Teufels General", D 1954

BRD 1954. R,B: Helmut Käutner. B: Georg Hurdalek, nach Carl Zuckmayer. K: Albert Benitz. S: Klaus Dudenhöfer. P: Real-Film. D: Curd Jürgens, Viktor de Kowa, Karl John, Eva-Ingeborg Scholz, Marianne Koch, Camilla Spira, Albert Lieven u.a. 120 Min.

Der Luftwaffengeneral Harras (Curd Jürgens) ist alles andere als ein Nazi-Sympathisant. Sein Engagement in Hitlers Wehrmacht ist einzig einer gleichsam obsessiven Flugbegeisterung und ausgeprägten Siegermentalität geschuldet. Schon 1941 erkennt er die Aussichtslosigkeit der Kriegslage und spart auch ranghohen Entscheidungsträgern gegenüber nicht an spitzen Defätismen. Vom Regime zunehmend beargwöhnt, gerät Harras nach einer mysteriösen Serie von Pannen und Abstürzen unter Sabotageverdacht. Er wird wenig später von der Gestapo festgenommen und nur unter der Bedingung wieder auf freien Fuß gesetzt, die Affäre innerhalb von zehn Tagen aufzuklären. Fast mit Ablauf der Frist outet sich Harras' Chefingenieur Odenbruch (Karl John) als Saboteur und Widerstandskämpfer gegen das Regime. Der General verzichtet darauf, seinen Mitarbeiter zu denunzieren, und übernimmt die Verantwortung als "des Teufels General".

Helmut Käutners formal ambitionierte Verfilmung des gleichnamigen Bühnenstücks von Carl Zuckmayer war auch international ein großer Erfolg. Jürgens erhielt 1955 als bester Hauptdarsteller den Goldenen Löwen bei der Filmbiennale in Venedig. Für ihn, den "Normannischen Kleiderschrank", wie er gern genannt wurde, bedeutete sein "Teufels General" den Beginn einer lange währenden Weltkarriere. Während Jürgens in den USA jedoch kaum andere Rollen spielte als immer weitere Variationen des General Harras (eine Kritik in den USA: "So wie Jürgens stellen wir uns den guten deutschen Typ vor, tadellos, fair und auch als Offizier noch sympathisch"), feierte er seine größten künstlerischen Erfolge vor allem in Frankreich. Noch heute, knapp 50 Jahre nach Herstellung des Films, sind dessen moderne Inszenierungsansätze spürbar.

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zuletzt geändert: 03. August 2003 | (c) 2002 film+ / Schnitt